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Burgruine Weißenstein bei Regen

Stadt Regen, Niederbayern
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Burgruine Weissenstein


Geschichte


Kartenauschnitt von Apiab 1568 1244 wird das "castrum weizzensteine" zum ersten Mal in einer Urkunde erwähnt, als der zugehörige Zehent an das Kloster Niederaltaich fällt. Es wird deshalb vermutet, dass Weißenstein aus der Erbmasse des Grafen von Bogen stammt, der Vogt des Klosters war.

Die bayerischen Herzöge verpfänden die Burg 1308 an Eberwein von Degenberg, dessen Familie schon vorher wichtige Ämter innehatte. Seine Familie versucht in den folgenden Jahrzehnten, die kleine und rechtlich ungesicherte Herrschaft konsequent auszubauen. Dabei können sie durchaus Erfolge erzielen: 1311 bekommen sie die niedere Gerichtsbarkeit vom Herzog, 1320 die lukrativen Zwieseler Mauteinnahmen von Abt Friedrich von Niederaltaich verliehen. Auch in Regen können sie Rechte und Besitzungen erwerben.

Wappen der Degenberger
Im Jahr 1464 haben die Degenberger (Wappen rechts) ihr wichtigstes Ziel erreicht: Herzog Sigismund bestätigt, dass sie ihre Besitzungen als "eigen und erblich Gut" inne haben. Die neue Freiheit nutzt Hans IV. von Degenberg, um 1466 in den Böcklerbund zu gründen, einen Bund freier Ritter, der sich auch mit gewalttätigen Mitteln gegen die Expanionsbestrebungen der bayerischen Landesherrscher richtete. Die reagieren auf diesen Seitenwechsel empfindlich, indem sie die Herrschaft über mehrere Dörfer von Hans zurückfordern. Die Lage eskaliert, bis 1468 Weißenstein während des Böcklerkriegs von bayerischen Truppen erobert und zerstört wird. Die Spuren dieses Krieges - Armbrustbolzen, Steinkugel usw. - wurden bei Ausgrabungen gefunden und sind heute im "fressenden Haus" ausgestellt. 1474 wird Weißenstein nach einem Friedensschluss wiederaufgebaut. Die Stammburg Degenberg dagegen blieb zerstört, genau wie ihre Burg Altnussberg. Die Saldenburg hat Hans dagegen unversehrt zurück erhalten.

Im weiter schwelenden Konflikt mit dem Herzog kommt schließlich Hilfe von höchster Stelle: Kaiser Friedrich III. erklärt 1487 Weißenstein offiziell zum Reichslehen, verleiht auch die hohe Gerichtsbarkeit und schützt die Degenberger Besitzungen vor dem weiteren Zugriff der Herzöge. Hans V. schließt sich daraufhin dem Ritterbund der Löwler gegen den Herzog an und besetzt mehrere Dörfer. Nachdem Gewalt die Degenberger nicht brechen konnte, versuchten die Herzöge schließlich eine andere Taktik: Sie verliehen ihnen zahlreiche Ämter und Privilegien und brachten sie so unter Kontrolle. Das wichtigste war im Jahr 1548 das Privileg, Weißbier zu brauen - ein äußerst lukratives Recht, dass sie auf ihrer Burg Linden bei Viechtach ausübten. Und tatsächlich gibt es im Weiteren keine Schwierigkeiten mehr zwischen den Degenbergern und dem Herzog.

historischer Stich von Wening
Nach fast 300jähriger Herrschaft erlischt das Geschlecht der Degenberger 1602, als Hans VIII. kinderlos stirbt. Nach langen Verhandlungen kann der bayerische Herzog Maximilian die Güter vom Kaiser zurückerlangen. Auch das Weißbier-Braurecht geht zurück an die Wittelsbacher. In der Folge wird Burg Weißenstein nach und nach aufgeben: 1641 von den Schweden eingenommen, ist die Burg auf dem Stich von Michael Wening links um 1700 schon eine Ruine. 1740 stürzt ein großer Teil der Burgmauer ein, der Rest wird angeblich zerstört, als 1742 der räuberische Pandurenführer Trenk hier seinen Sitz nimmt. Erste Sicherungsnahmen erfolgen 1842 durch den bayerischen Staat.

1918 erfüllt der baltische Exilant und Literat Siegfried von Vegesack die verlassene Ruine mit neuem Leben. Er kauft den noch intakten Turm der Vorburg und lebt seitdem dort. Dabei muss er erleben, wieviel Zeit, Mühe und Geld der Unterhalt eines historischen Gebäudes verschlingt. Die Erlebnisse hat er im Buch "Das fressende Haus" von 1929 festgehalten, ein Name, der dem Kasten bis heute anhaftet. Nach seinem Tod 1974 übernimmt die Stadt Regen die Ruine. 1991 bis 1995 wird Weißenstein rundum saniert, 1997 folgen Ausgrabungen.
 

Beschreibung


Grundriss
Die Kernburg von Weissenstein ist ungewöhnlich aufgebaut. Der besterhaltene Teil ist der trapezförmige Bergfried aus Bruchsteinen mit Eckquaderung. Er liegt auf dem höchsten Punkt der Anlage im Westen und liegt so von der Angriffsseite am weitesten entfernt. Vom Rest der Burg ist er durch einen schmalen Spalt abgesetzt, den eine Zugbrücke überspannte. In diesem Fall macht der Bergfried tatsächlich den Eindruck eines letzten Rückzugspunktes. Das erste Geschoss des Turms war gewölbt und durch Mauern aufgeteilt, die anderen Stockwerke hatten Holzbalkendecken. Der Bergfried ist mit Latrinenschacht, Sitznischen und vielen Schießscharten recht wohnlich ausgestattet. Die Mauern sind unten 2,50 m stark und verjüngen sich nach oben auf 1,50 m.
 
Das östlich anschließende, langgezogene Wohngebäude musste sich ebenfalls auf dem schmalen Grat des Pfahls zusammendrängen. Nur durch entsprechende Höhe konnte der notwendige Wohnraum also geschaffen werden. Der Palas hatte deshalb ursprünglich 4 Ebenen mit jeweils ca. 4 Metern Geschosshöhe und ein zusätzliches Kellerverlies. Das Erdgeschoss bildete eine Wehrebene mit Wachraum und Schießscharten, darüber türmten sich 3 Wohngeschosse mit Küche, Vorratsräumen, Rittersaal, Aborterker und weiteren Stuben, Nutz- und Wohnräumen. Östlich vor dem Palas befindet sich ein kleiner Hof, der mit einer Zisterne ausgestattet war. Der größte Teil der Bausubstanz beider Bauwerke dürfte auf den Wiederaufbau um 1480 zurückgehen.

Rekonstruktion
Ungewöhnlich ist auch der Zugang zur Burg: Ursprünglich erfolgte er über den östlich gelagerten Torturm, der heute das "fressende Haus" ist. Gleichzeitig diente der Turm als Speicher. Ein weiterer Zugang wurde geschaffen, als die südlichen Vorburg mit Kapelle, Brunnen, weiteren Nutzgebäuden und Obstgarten entstand. Deshalb baute man den heute abgegangene Treppenturm auf der Südseite an. Auf dem Wening-Stich ist er noch gut zu erkennen.
 

Wissenswertes


Ansicht von Norden (zum Vergrößern anklicken!)
Ruine Weißenstein liegt mitten im Bayerischen Wald auf der höchsten Erhebung des Pfahls, eines schmalen Quarzbandes, dass sich über 150 km durch den Bayerischen Wald von Freyung bis Thierlstein bei Cham und weiter bis Schwärzenberg zieht. Von diesen markanten, weißen Quarzfelsen hat Weißenstein auch seinen Namen bekommen.

Jedes Jahr im Juni gibt es auf der Burg ein großes, historisches Ritterspektakel mit Schwertkämpfen, Mittelalter-Markt, Wettkämpfen usw. Dann wird eindrucksvoll die Zerstörung der Burg im Böcklerkrieg nachgestellt. Termine und Informationen dazu auf der Website der Burgfreunde Weissenstein.

Bergfried und Palas



 

Bergfried, Fressendes Haus


Bergfried, zum Vergrößern anklicken Fressendes Haus

 

Karte




Skalierbare Karte auf openstreetmap.de:
http://openstreetmap.de/karte.html?zoom=14&lat=48.96124&lon=13.14246&layers=B000TT



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***Bewertung: Einzigartige Burganlage in schöner Szenerie.
 
Literatur:
Zinke, Walter (Hg.): Burg Weißenstein. Der kleine Führer. Grafenau 2001.

Weitere Informationen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ruine_Wei%C3%9Fenstein_(Niederbayern)
http://www.hdbg.eu/burgen
http://www.burgverein-weissenstein.de/
http://www.feste-degenberg.de/

Herzlichen Dank an Josef Niedermeier und besonders Walter Zinke für die Bereitstellung des Grundrisses und der Rekonstruktion.

Erstellt 6/2007, akt. 5/2014.