Kaiserburg Nürnberg
Mittelfranken
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Geschichte
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In Nürnberg erklärte Salierkaiser Heinrich III. im Jahr 1050 die Leibeigene Sigena zur Freien, damit sie einen Adeligen heiraten konnte. Seit dieser ersten Nennung sind Stadt und Burg eng verbunden mit den Königen und Kaisern des Reiches. 1105 belagert Heinrich V. die Burg, die immer noch in der Hand seines Vaters Kaiser Heinrich IV. war, den er absetzen wollte. Zu einem bedeutenden europäischen Machtzentrum steigt die Burg spätestens mit den Staufern auf: König Konrad III., Kaiser Friedrich Barbarossa, Kaiser Friedrich II. halten hier regelmäßig Hoftage ab. Durch die wichtigste Verfassungsurkunde des Mittelalters, die Goldene Bulle, wird 1356 sogar bestimmt, dass jeder neu gewählte König seinen ersten Reichstag in Nürnberg zu halten hat.
1138 ist zum ersten Mal ein Burggraf namentlich fassbar, nämlich Gottfried von Raabs aus einem niederösterreichischen Edelfreiengeschlecht. Er sollte die Rechte des Kaisers bei Abwesenheit vertreten. Mit Konrad II. stirbt das Geschlecht der Raabs aus, 1192 erbt sein Schwiegersohn Friedrich aus dem oberdeutschen Zollern das Burggrafenamt. Seine Nachkommen nutzen ihre Machtstellung und erweitern ihr Territorium in Mittel- und Oberfranken mit Cadolzburg, Abenberg, Ansbach, Schwabach, Bayreuth, Kulmbach, Hof und vielen weiteren fränkischen Städten. 1415 wird Friedrich V. von (Hohen-)Zollern Markgraf von Brandenburg und damit Ahnherr der späteren Kurfürsten von Brandenburg, Könige in Preußen (ab 1701) und deutschen Kaiser (ab 1871).
In Nürnberg befinden sich die Burggrafen aber bald in Streitigkeiten mit der aufstrebenden Stadt, die sich seit 1219 freie Reichsstadt nennen darf. Die Nürnberger Bürger wollten die Reste der verhassten Oberherrschaft durch die Burggrafen abschütteln und mauerten ihn um 1370 förmlich ein: der städtische Turm "Luginsland" sollte den Zugang des Burggrafen zur Stadt begrenzen. Die Könige und Kaiser schlugen sich auf die Seite der Bürger, seit Anfang des 14. Jahrhunderts übernachteten sie nicht mehr auf der Burg, sondern in den bequemeren Bürgerhäusern der Patrizier unten in der Stadt. 1387 kam es zu kriegerischen Handlungen zwischen Stadt und Graf, 1420 schließlich zerstörte der bayerische Herzog Ludwig von Ingolstadt die Burggrafenburg mit Hilfe der Nürnberger, die Kaiserburg dagegen wurde nicht angerührt. Die Zollern verloren schließlich das Interesse und verkauften ihre Rechte, und ihre Burggrafenburg wurde nicht wieder aufgebaut.
Aber auch die Kaiser kamen nur noch selten nach Nürnberg, ab 1594 fanden dann alle Reichstage in Regensburg statt. Ab 1538 wird von der Stadt um die Burg eine Festung mit Spitzbastionen angelegt, die Burg selbst hat jede Bedeutung verloren. Erste Instandsetzungen gab es ab 1806 durch den bayerischen König Ludwig I., der dort eine historisierend ausgeschmückte Königsresidenz schaffen wollte.
Ab 1933 wollen auch die Nationalsozialisten von der einstigen Größe profitieren. Ihr Plan ist es, ein repräsentatives Gästehaus für die Reichsparteitage aus der Burg zu machen. Dafür sollte die mittelalterliche Schlichtheit wieder erstehen, die prächtigen Einbauten Ludwigs I. werden entfernt. Im Bombenkrieg des Zweiten Weltkriegs versinken große Teile der Burg dann in Schutt und Asche, Wiederaufbau und Rekonstruktion seit 1949, weitere Renovierung 1988. In den letzten Jahren wurde die Nürnberger Burg durch die Bayerische Schlösserverwaltung sorgfältig restauriert und eine interessante Dauerausstellung zu Kaiser und Reich eingerichtet. Weitere große Investitionen sollen folgen.
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Beschreibung
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Am Zugang zum Gelände im Osten fallen zuerst der Buckelquaderturm "Luginsland" und die "Kaiserstallung" ins Auge, in der sich heute eine Jugendherberge befindet. Beides sind aber städtische Gebäude und gehörten nie zur Burg: der "Luginsland" war ein Wehrbau der Stadt gegen den Burggrafen, die Stallung ursprünglich ein Getreidekasten. Sie wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört und in den 50er Jahren wieder aufgebaut.
Die Nürnberger Burg bestand aus zwei rechtlich getrennten Bereichen: Der Burggrafenburg (bei der Rekonstruktion links vorne) und der Kaiserburg (rechts hinten). Die Burggrafenburg beginnt mit dem "Fünfeckturm", dem ältesten Gebäude der Anlage. Der Bergfried, der später mit der Kaiserstallung verbunden wurde, stammt aus der Zeit um 1150 und deckte den Zugang, der zusätzlich durch einen heute verschütteten Halsgraben geschützt war. Der Turm ist aus Buckelquadern gebaut und hat 2,6 m Mauerstärke, der Eingang liegt 5 m hoch. Am Osteck ein verstärkender Vorbau, der dem Turm die fünfte Ecke verleiht - eine einzigartige Konstruktion. Ab 1427 wurde er als Gefängnis genutzt. Die restlichen Gebäude der Burggrafenburg wurden noch im Mittelalter zerstört. Durch ein Tor gelangt man durch die "Freiung", wo im Mittelalter Verfolgte Asyl finden konnten. Die vorgelagerte "Hasenburg" wird 1349 zum ersten Mal genannt, als Kaiser Karl IV. sie seinem Kammermeister Swinko Has verleiht.
Von der Freiung geht es zu einem weiteren rundbogigen Tor in einer Schildmauer aus Backsteinen. Es markiert den Zugang zur eigentlichen Kaiserburg und wird flankiert durch den mächtigen Sinnwellturm, was so viel bedeutet wie der "dicke Runde". Dieser Bergfried am Eingang zum äußeren Hof stammt aus der Zeit des ersten Habsburgerkönigs Rudolf I. und wurde nach 1270 aus regelmäßigen großen Quadern erbaut. Das auskragende Obergeschoss setzte man im Jahr 1561 auf, um für die Wächter einen großen Raum zu schaffen.
Der äußere Hof der Kaiserburg beherbergt Fachwerkgebäude, die aus dem 15. und 16. Jahrhundert stammen: Unter anderem das malerische Sekretärshaus und das Brunnenhaus mit dem sicher viel älteren "tiefen Brunnen", der 50 Meter in den Fels hinabreicht. Das steile "Himmelstor" hinunter zur Stadt ist eine Zugabe aus dem Jahr um 1427.
In den äußeren Hof ragt das bedeutendeste mittelalterliche Bauwerk der Kaiserburg, die romanische Doppelkapelle. Sie stammt aus der Zeit um 1200 und wurde bei der Bombardierung 1945 nicht zerstört. Außen am Kapellenturm romanische Figuren eines thronenden Kaiserpaares und zweier Löwen, wegen derer archaischer Erscheinung der Turm im Volksmund auch "Heidenturm" heißt. Durch das Renaissance-Tor in der backsteineren Schildmauer kommt man in den inneren Hof der Kernburg. Der Palas zur Linken aus der Zeit um 1300 besteht aus einem unteren und oberen Saal. Das Innere wurde beim Umbau 1934 rekonstruiert, die gotische Holztreppe und die Holzträgerkonstruktion wurde nach dem Vorbild der "Gruft" in der Klosterkirche Seligenporten gestaltet.
An den Palas schließt der Wohntrakt mit mehreren Bohlen-Stuben an, den so genannten "Kaisergemächern", die beheizt werden konnten. Die Bemalung der Decken ist teilweise erhalten, teilweise wurde sie im 20. Jahrhundert rekonstruiert. Die trapezförmige "Kemenate" war ursprünglich ein weiterer Wohnbau aus dem 15. Jahrhundert, der jedoch im Zweiten Weltkrieg zerstört und 1968 komplett neu erbaut wurde. Nur der Westerker des Gebäudes hat noch mittelalterliche Bausubstanz zu bieten.
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Historische Abbildung von 1677
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Sinnwellturm und Tor zum äußeren Hof
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Äußerer Hof und "Heidenturm"
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Innenraum der Burgkapelle
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